Das Gesundheitsministerium Turkmenistans hat Anweisungen an die regionalen Verwaltungen verschickt, Ärzte und anderes medizinisches Personal zur Teilnahme an der Baumwollernte zu verpflichten. Wer nicht auf die Plantagen fahren möchte, soll traditionell die Arbeit von angeworbenen Pflückern aus eigener Tasche bezahlen, berichtete die Zeitung Chronik Turkmenistans.
Nach Angaben von Journalisten wurden die Schreiben des Ministeriums am 8. September in die Regionen geschickt, obwohl Präsident Serdar Berdymuchammedow den Beginn der Ernte offiziell erst später ankündigte – mit der Anweisung, ab dem 10. September mit der Ernte zu beginnen.
Die Gesundheitsbehörde des Lebap-Welayats präzisierte, dass für Ärzte, Krankenschwestern, Pflegerinnen sowie das technische Personal regionaler Krankenhäuser und Polikliniken eine Baumwollnorm festgelegt wurde. Staatsbedienstete müssen täglich 45 Kilogramm des „weißen Goldes“ sammeln.
Mitarbeiter mehrerer medizinischer Einrichtungen in Türkmenabat beklagten, dass sie auch nach Nachtschichten zur Baumwollernte geschickt würden. Es gebe jedoch eine Alternative – eine andere Person gegen Bezahlung einzustellen. Dafür müssten täglich 50 Manat gezahlt werden (14 US-Dollar zum offiziellen Kurs bzw. 2,5 US-Dollar zum Schwarzmarktkurs).
Ein Arzt des Infektionskrankenhauses berichtete, dass Mediziner während der Erntezeit bis zu zwei Drittel ihres Gehalts für die Bezahlung von angeworbenen Pflückern ausgeben müssten, da nicht jeder Facharzt an Wochenenden oder nach Dienstschichten auf die Felder fahren könne.
Laut der Publikation arbeiten in den Krankenhäusern und Polikliniken statt der zur Ernte verpflichteten Ärzte und anderer Beschäftigter meist Menschen im Vorruhestandsalter oder Rentner.
In diesem Jahr sei nicht nur das Gesundheitsministerium „vorausgegangen“. Auch die Regionalgouverneure hätten, ohne auf die offizielle Erklärung des Präsidenten zu warten, bereits Mitte August den Beginn der Baumwollernte ausgerufen. Dieses Vorgehen sei vom Bestreben motiviert, sich beim höchsten Staatsoberhaupt einzuschmeicheln und bis zum 27. September, dem Unabhängigkeitstag Turkmenistans, Erfolge bei der Ablieferung der Ernte vorweisen zu können.
Bekannt sei zudem, dass Beamte bereits seit Anfang August Geld von Staatsbediensteten eingesammelt hätten, um Pflücker zu engagieren. Entsprechende Beschwerden seien insbesondere von Lehrern, Ärzten und Mitarbeitern staatlicher Betriebe in den Regionen Lebap und Mary eingegangen.